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Bildung für die Demokratie
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Bildung für die Demokratie

Aktuelles Zeitgeschichte

Geschichte und Zukunft der Politischen Bildung. Tagung und Preisverleihung anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung des August Bebel Instituts

Das August Bebel Institut feiert im Jahr 2017 den 70. Jahrestag seines Bestehens. Es wurde 1947, zwei Jahre nach dem Ende von Krieg und NS-Herrschaft gegründet, um durch ein grundlegendes Bildungsangebot die Demokratie zu stärken.

Am 25. März 1947 unterzeichneten Vertreter von vier sozialdemokratischen Verlagen die Stiftungsurkunde, mit der das August Bebel Institut gegründet wurde. Die Tageszeitungen „Der Telegraf“ und „Spandauer Volksblatt“, die SPD-Verlags GmbH und die Sozialistische Verlags GmbH sahen ihre Verantwortung über die Information der Bevölkerung hinaus in der Aufgabe, mit Bildungsarbeit die Demokratie zu fördern. Unter anderem Arno Scholz (Telegraf), Erich Lezinsky (Spandauer Volksblatt) und Otto Suhr (späterer Regierender Bürgermeister) stehen unter der Gründungsurkunde.

Beginn im Haus der Wannseekonferenz

Namensgeber der neuen Einrichtung wurde August Bebel. Als Parteiführer der geeinten sozialistischen Arbeiterbewegung im Kaiserreich sollte er als Anknüpfungspunkt für eine stärker werdende Sozialdemokratie die Bedeutung der Bildung symbolisieren, aber auch den Willen der SPD, das Erbe Bebels nicht allein der SED zu überlassen. Kurt Schmidt beschrieb den Bezug zu Bebel so: »Er ist ein Symbol! Sein kämpferischer,

Das „Haus der Wannseekonferenz“

freiheitlicher Geist soll dieses Haus beherrschen. So wie er die Menschen und Sozialisten seiner Zeit begeisterte und ihnen die Wege wies, soll dieses Haus eine Kraftquelle der heutigen sozialistischen Bewegung werden.“ Mit dem Ziel der Demokratiebildung, Reeducation, aber auch des Einsatzes gegen den Kommunismus wurde die Institutsgründung auch aus den USA unterstützt.

Noch im gleichen Jahr begann im ehemaligen „Haus der Wannseekonferenz“ ein umfangreicher Lehrbetrieb. Das Institut verstand sich zunächst als Parteischule der SPD. In teils Wochen- und Zweiwochenkursen wurden bis 1952 über 3.000 Teilnehmer*innen geschult. Dann musste die Bildungsstätte am Wannsee aus finanziellen Gründen umziehen. Das ABI zog in die SPD-Landeszentrale in der Zietenstraße. Der demokratische Eifer war nach der Währungsreform 1948, auch infolge der hohen Arbeitslosigkeit, später aber auch des Wirtschaftswunders, deutlich erlahmt.

Sesede Terziyan und Daniel Kahn beim Gedenken an August Bebel zu seinem 100. Todestag am 13. August 2013 auf dem Berliner Bebelplatz

Langjähriger Leiter war von 1947 bis 1974 Eberhard Hesse. Im Widerstand gegen Hitler gehörte er der Gruppe Neu Beginnen an, die anfangs für die Einheit der Arbeiterbewegung eintrat, nach 1945 aber scharf antikommunistisch agierte. So begegnete auch das ABI wie ein Großteil der Berliner Sozialdemokratie der Außerparlamentarischen Opposition um 1968 mit Unverständnis.

Als 1988 der ehemalige Kreuzberger Volksbildungsstadtrat Reinhard Gericke das ABI übernahm, gewann es an hoher Bedeutung im Kontext des Mauerfalls und der deutschen Einheit 1989/90. Insbesondere Interessierte aus dem Ostteil Berlins und dem Umland wollten sich über die für sie neuen politischen und wirtschaftlichen Strukturen informieren. Nach Gerickes Tod im Jahr 2000 wurde das Institut von Enrico Troebst weiter geführt, der den Ruf des Instituts als Ort für hochwertige zeitgeschichtliche und kommunalpolitische Bildung festigte.

»Wofür würdest Du auf die Straße gehen?«

Geschäftsführer Ingo Siebert

Seit 2007 wird das ABI von Ingo Siebert geleitet, der Programm, Formate und Öffentlichkeitsarbeit grundlegend auf die Anforderungen einer Bildungseinrichtung in einer Einwanderungsstadt ausrichtet und es für unterschiedlichste Milieus geöffnet hat.

In der aktuellen Programmgestaltung spielt die „Galerie des August Bebel Instituts“ ein wichtige Rolle. Jährlich werden vier Künstler*innen bzw. Gruppen eingeladen, um ihre meist fotografischen Werke, die an politische Fragestellungen anknüpfen, zu präsentieren. Zu den Ausstellungen wird ein umfangreiches Rahmenprogramm der politischen Bildung gestaltet. Die aktuelle Ausstellung zeigt Fotografien verlassener Orte in Berlin, die in der wachsenden Stadt keine neue Funktion gefunden haben.

Wie methodisch an der Lebenswelt der Teilnehmer*innen angeknüpft werden kann, zeigt sich in den Jugendworkshops zur Revolution von 1848, die der Frage nachgehen: »Wofür würdest Du auf die Straße gehen?« Auch die Seminare »Motiviert in die Politik einsteigen« thematisieren die Beweggründe und ersten Erfahrungen der Teilnehmer*innen im politischen Raum, um dann Möglichkeiten aufzuzeigen, sich „gelingend“ an politischen Prozessen zu beteiligen. Besonders plastisch wird dieser Ansatz in der Reihe „Wie isst die Stadt?“ umgesetzt. Die Ernährung der Menschen ist ein Thema, das grundlegende Bedeutung für ein gutes Leben hat.

Die Galerie des ABI

Die Bildungsangebote des ABI zielen damals wie heute auf ein Interesse an stadt- und kommunalpolitischen Entscheidungsprozessen und lädt heute Bürger*innen zur Partizipation und zum Engagement ein, indem Strukturen transparent gemacht, Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Politikebenen und Zivilgesellschaft aufgezeigt, Kompetenzen für das politische Ehrenamt vermittelt und kommunalpolitische Inhalte erörtert werden. Aufgrund der Krise auf dem Wohnungsmarkt sind z.B. Themen wie Wohnungsbaugenossenschaften, Gentrifizierung und Partizipation in der Stadtentwicklung sehr gefragt.

Die aktuelle Bildungsarbeit ist auch stark von den Fluchtbewegungen geprägt: Ursachen von Kriegen, Flucht und Vertreibung werden thematisiert. Auch die Zusammenhänge des Klimawandels und der weltweiten ökonomischen Krisen als Fluchtursachen gehören zu den zentralen Themen, die Politische Bildung heute aufgreifen muss. Die wichtigsten Themen unserer Zeit haben einen übernationalen Horizont. Gute Bildungsarbeit lebt vom Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft. Sprachbarrieren sind zu überwinden und Dialoge in der Stadt für eine demokratische Stadtkultur zu initiieren.
Ebenso wichtig ist es, aus immer neuen Perspektiven die Geschichte der Arbeiter- und der sozialen Bewegung zu diskutieren. Das ABI greift auch die Widersprüche und Verwerfungen der Geschichte auf, erinnert an gebrochene Biografien. So wird sich das ABI auch in Zukunft treu bleiben, wenn es den Anforderungen der Zeit entsprechend ein Ort politischer Diskussion und Förderung politischen Engagements sein wird.

Terminhinweis:

Am 15. Juni von 16 bis  21 Uhr veranstaltet das ABI in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Tagung zur Zukunft der Politischen Bildung.

Anmeldung unter anmeldung[at]august-bebel-institut.de

Ort: FES, Hiroshimastraße 17, 10785 Berlin